Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Marquardt,
sehr geehrte Herren Oberbürgermeister und Bürgermeister,
die Landeswasserversorgung (LW) ist ein sehr stromintensives Unternehmen und deshalb von den Veränderungen in der Energiewirtschaft (Energiewende) stark betroffen. Ein Gutachten aus dem Jahr 2013 hatte belegt, dass es für die LW wirtschaftlich sei, den in den Turbinen Schönbühl, Breech und Geislingen erzeugten, vor Ort nicht verbrauchten Strom, über ein insgesamt rund 80 km langes, noch zu verlegendes Energietransportkabel in das Wasserwerk Langenau rückzuführen. Hinzu kam, dass mit Blick auf die derzeitige Entwicklung bei der europäischen Energieversorgung und einer damit einhergehenden vorhersehbaren sinkenden Versorgungssicherheit eine vom öffentlichen Netz unabhängige Versorgung zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Aus diesem Grund hatte die Verbandsversammlung am 05.11.2013 beschlossen, in mehreren Abschnitten ein eigenes 30-kV-Energietransportkabel (ETK) vom Behälter Schönbühl über die Behälter Breech und Amstetten bis zum Wasserwerk Langenau entlang der bereits vorhandenen, durch beschränkte persönliche Dienstbarkeiten rechtlich gesicherten Wasserleitungen zu verlegen. Das Projekt ist seit 2014 in der Realisierung und sollte 2016 abgeschlossen werden. Eine Teilstrecke des ETK verläuft auch auf der Gemarkung Ihrer Stadt bzw. Gemeinde.
Das ETK wurde in den zu Gunsten der LW rechtlich gesicherten Schutzstreifen der Wasserleitungen verlegt. Die LW stützte sich hierbei auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 1980, 771, 772), welche Wasserleitungen als Zubehör des Grundstücks des Wasserwerks und damit als Teil eines als wirtschaftliche Einheit anzusehenden Gesamtsystems definiert. Dementsprechend konnte das ETK als mindestens mittelbares Zubehör zu diesen Wasserleitungen angesehen werden, so dass das ETK als Eigentum der LW in den rechtlich gesicherten Schutzstreifen der Wasserleitungen eingelegt wurde in der Annahme, die rechtlichen Voraussetzungen hierfür seien über die vorhandenen Dienstbarkeitsverträge gegeben.
Gegen die Verlegungsmaßnahme hatte ein Grundstückseigentümer Klage eingereicht; im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hat die LW nunmehr ein Urteil hinnehmen müssen, welches die Rechtsansicht des BGH für die Verlegungsmaßnahme der LW nicht gelten lässt. Zum einen gebe der Wortlaut des mit dem Rechtsvorgänger des Klägers abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrags keinen Grund zu der Annahme, die auf dem klägerischen Grundstück verlegte Rohrleitung sei als Teil eines größeren Gesamtsystems zu betrachten. Zum anderen könne es sich aus diesem Grund beim ETK auch nicht um Zubehör zu der Wasserleitung handeln, da das ETK nicht der Nutzung der Wasserleitung, sondern den Pumpen im Wasserwerk diene.
Die LW prüft nun rechtliche Schritte gegen das Urteil des OLG, da das Urteil weitere schwierige Fragen im Hinblick auf die Zulässigkeit zusätzlicher Kabel in den Schutzstreifen aufwirft. Die nächste Instanz hierfür wäre der Bundesgerichtshof. Gleichzeitig ist jedoch beabsichtigt, innerhalb der nächsten zwei Wochen alle betroffenen Grundstückseigentümer über das ergangene Urteil zu informieren. Möglicherweise werden dann neue Dienstbarkeitsverträge mit den jeweiligen Grundstückseigentümern zu verhandeln sein, die dann auch entsprechende Entschädigungszahlungen vorsehen werden. Diese Eigentümerinformation werden wir Ihnen zukommen lassen, sobald diese zum Versand ansteht.
Wir möchten Sie mit diesem Schreiben über die aktuell eingetretene Entwicklung informieren, weil nicht auszuschließen ist, dass Sie direkt vor Ort auf diese Thematik angesprochen werden. Über den Fortgang der Angelegenheit werden wir Sie zu gegebener Zeit weiter informieren. Für Rückfragen und weitere Ausführungen steht Ihnen der Kaufmännische Geschäftsführer, Herr Eisele, jederzeit gerne unter der Tel.-Nr. 0711 2175-1220 zur Verfügung.